Reisetagebuch September 2019

Tag 1 und 2

Abflug mit Swiss nach Delhi um 12h40. Am Gate muss nicht wie üblich der Pass und der Boarding-Pass gezeigt werden sondern nur der Boarding-Pass. Das erstaunt mich und ich frage nach warum die Identitäten nicht geprüft werden. „Je nach Saison oder Aufkommen verzichtet man darauf… „ „Bei den Flügen nach Mumbai wird immer geprüft“… Mit etwas mulmigen Gefühlen steige ich trotzdem ins Flugzeug. Am Gate kaufte ich mir noch eine teure und gute Lindt-Tafelschokolade mit Orangenaroma. Als wir in Delhi ankommen was sehe ich im Duty Free Shop? Die gleiche Tafel und fast die Hälfte günstiger – das kann doch nicht sein. Ich habe es unterlassen zu prüfen ob das Verfalldatum schon abgelaufen war. Nach fünf Stunden Aufenthalt in Delhi fliegen wir weiter nach Vishakapatnam. Wir werden bereits erwartet und fahren gleich los. Irgendwo in der Stadt essen wir Frühstück. Für mich ein Dosa (ohne die obligatorischen Beilagen) und einen Kaffee. Danach fahren wir zum ersten Zielort. Es sind nur knapp 200 km aber die Fahrt dauert einige Stunden. Nach unserer Ankunft können wir uns ein wenig ausruhen bevor das erste Meeting stattfindet. Danach Nachtessen, indische Dusche und ab ins Bett.

Tag 3

Vor dem Frühstück helfen wir mit bei der Verteilung der Schultaschen an die Kinder. Das indische Frühstück sieht gleich aus wie das Mittag- und Nachtessen vom Vortag. Ich verzichte auf das Gemüse und bin dankbar für das gute Naturjoghurt, dass ich grosszügig schöpfe. So sieht doch mein Teller auch ganz schön voll aus. Gleich nach dem Frühstück geht’s los: Besuch des ersten Schülerbetreuungszentrum, dass Contactions seit ein paar Monaten unterstützt. 335 Dorfkinder werden dort betreut. Wir werden von den Mitarbeitern herzlich begrüsst und der Projektkoordinator stellt uns die Arbeit und das Zentrum vor. Danach besuchen wir einige Eltern im Dorf. Es wird für sie gebetet. Die kleinen Häuser sind von der Einteilung her ähnlich: einen kleinen Vorplatz (max. 2m breit und 1m tief), den Hausgang und das Schlafzimmer (das Bett meistens ohne Matratze füllt fast den ganzen Raum aus); weiter vorne befindet sich dann wohl eine offene Küche. Die Familien leben mit zwei, drei oder noch mehr Kinder auf so engem Raum. Das Dorf ist sehr schmutzig und viele Tiere (Schafe, Hunde, Kühe, Hühner, …) irren umher. Die Frage warum es Menschen gibt, die so leben müssen, quält mich!

Nachdem die Kinder von der Schule zurück sind, bekommen sie neue Schultaschen, -Uniformen und Schuhen oder Sandalen. Der Lärm, die vielen Leute, die neuen Eindrücke und der Schlafmangel bereiten mir Kopfschmerzen und ich bin dankbar irgendwann endlich im Bett zu liegen.

Tag 4

Nach dem Frühstück laden wir unsere Koffer und fahren zum nächsten Projekt. Erst besuchen wir unterwegs das Tailoring Trainingszentrum (eine kleine Boutique am Strassenrand). Etwa 15 Frauen, die den sechs monatigen Nähkurs absolviert haben, warten da auf uns. Diese Frauen werden heute als Abschluss ihres Kurses und im Rahmen einer kleinen Zeremonie je ein anerkanntes Zertifikat sowie eine Nähmaschine erhalten.

Das Mittagessen ist ähnlich komponiert wie die Tage zuvor – ich träume von frischen Gipfelis und Cappucino. Am Nachmittag kommen noch ein Dutzend AIDS-Kranke vorbei. Sie erhalten jeweils einmal monatlich einen Beutel mit Reis, Dhal, Öl und Nüsse. Sie sind kennzeichnet von der Krankheit. Ein junger Mann ist ebenfalls dabei.

Wenn die Kinder von der Schule zurückkommen, findet auch hier die Verteilung von Schultaschen, -Uniformen und Sandalen statt. Die Verteilung ist weniger chaotisch als am Vortag. Nach dem Nachtessen und kurz bevor wir zum Hotel zurückkehren wollen, kommen zwei Frauen mit einem neuen Kleid auf mich zu. Am Vormittag hatten sie mir in Anwesenheit von vielen Personen sehr laut Mass genommen und im Laufe des Tages das Kleid genäht. Es passt perfekt. Im Hotel angekommen geniesse ich die Dusche (so wie wir es kennen) und kann mir endlich auch die Haare waschen.

Tag 5

Die Frau eines Mitarbeiters hat ein üppiges indisches Frühstück für uns alle vorbereitet und bringt es ins Hotel bzw. in unser Zimmer. Sie ist dafür um vier Uhr aufgestanden – unglaublich. Es ist aber für mich gewöhnungsbedürftig zum Frühstück rote Bohnen und indisch schmeckende Saucen zu essen. Nach dem Frühstück fahren wir nochmals zum nahe gelegenen Projektort. Für heute sind ein Teenie-Treffen sowie ein Kinderfest geplant.

Am späten Nachmittag fahren wir weiter zum nächsten Zielort. Die Fahrt dauert drei Stunden für 100 Kilometer.

Tag 6

Im Hotel ist sowas wie ein Continental Frühstück erhältlich – eigentlich top denke ich. Aber meine Erkenntnisse sind niederschmetternd: Toastbrot ist kein französisches Baguette, die Konfi wurde vermutlich synthetisch hergestellt und die Pseudo-Cornflakes sind eher Staubflocken. Ich bin mir unsicher ob das wirklich besser ist als das was mir in den letzten Tagen serviert wurde, bzw. das was ich mir rausgenommen habe: Dosa, Naan, Roti, Pancake sind neutral und frisch zubereitet und das Joghurt mit etwas Zucker hat auch immer gut geschmeckt.

Nächster Projektbesuch: die Kinder sind schon da und warten auf uns. Auch hier werden neue Schultaschen, -Uniformen und Sandalen verteilt. Die 335 Projektkinder stammen aus einer nahe gelegenen Slum-Siedlung. Zwischen 15‘000 – 20‘000 Menschen leben in dieser Siedlung. Dieses Projekt wird ebenfalls seit ein paar Monaten von Contactions unterstützt.

Am frühen Abend fliegen wir dann nach Chennai. Es fühlt sich ein wenig wie Heimat an wieder mal in Chennai zu sein. Ich muss mich jedoch wieder daran gewöhnen, dass eine Frau in Indien keine Rechte hat, nichts wert ist: wenn wir die Lobby oder das Restaurant betreten, wird immer nur mein Mann begrüsst; wenn mein Mann mit seinem Koffer um die Ecke kommt, rennen alle verfügbaren Kräfte auf ihn zu und wollen seinen Koffer tragen bzw. schieben während ich mich mit meinem sehr abmühe…

Tag 7

Wir freuen uns auf das Treffen mit den Leiter und Office-Mitarbeiter. Die Begrüssung ist sehr herzlich. Vieles muss besprochen werden und wir werden auf dem neusten Stand gebracht.

Tag 8

Heute treffen wir uns zum Mittagessen mit alten Bekannten und können uns auf deutsch unterhalten – geht definitiv einfacher. Der Austausch ist herzlich und bereichernd. Zurück im Office, erklären mir die Mitarbeiter, die für die Buchführung verantwortlich sind, alle Vorgänge und geben mir Einblick in ihre Bücher und Listen. Am späten Nachmittag besuchen wir eine Siedlung.

Tag 9 und 10

Da sind Weiterbildungstage für alle Projektkoordinatoren angesagt.

Tag 12 und 13

Teilnahme am Teenie-Treffen

Tag 14

Eine lange Reise in den Süden steht bevor. Am Abend reicht es noch für einen Besuch in eine Siedlung.

Tag 15

Heute Vormittag werde ich mein erarbeitetes Konzept zur Wirkungsmessung vorstellen. Ich bin gespannt, nervös und ein wenig gestresst. Endlich ist es vorbei und ich bin ganz zufrieden. Es lief eigentlich besser als ich erwartet hatte und ging auch gut vorwärts. Die Verantwortlichen machten gut mit. Nun werden wir sehen wie es mit der Umsetzung aussieht…

Nach einem gemeinsamen Lunch im Hotel fahren wir noch in die Stadt um einige Besorgungen zu machen und schon heisst es wieder Koffer packen.

Tag 16

Es wird eine sehr lange Reise werden. Wir fahren morgen schon um 5 Uhr los zum Trivandrum Airport. In Delhi müssen wir einen Zwischenstopp von 9 Stunden überbrücken bevor es zurück in die Schweiz geht.